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Familie Ibrahim – Mit Engagement und Leidenschaft

Tischtennis als Familiensache

Das Geschwisterpaar Fatme und Mahmoud El Haj Ibrahim stammt aus einer Familie, die ganz im Zeichen des Sports steht. Am Sonntag feierte diese Tischtennis-Dynastie aus Gültstein die zwei Einzel-Siege der Tochter beim Triumph des DJK Sportbund Stuttgart über die SU Neckarsulm.

Stuttgartter Zeitung vom 3.2.2025 | Dominik Grill

STUTTGART | Die Familie El Haj Ibrahim aus Gültstein bei Herrenberg hat sich ganz der schnellsten Rückschlagsportart der Welt verschrieben – dem Tischtennis. Sozusagen den Ball ins Rollen brachte einst Vater Talal, der die Leidenschaft in seiner Kindheit entdeckte und später an seine drei Sprösslinge weitergab: Heute spielt der 18-Jährige Ahmad in der Verbandsoberliga beim VfL Herrenberg, während Mahmoud (16 Jahre) und Fatme (15 Jahre) für den DJK Sportbund Stuttgart antreten. Letztere gewann am Sonntag mit dem Frauenquartett das Spitzenduell der 3. Bundesliga Süd. Gegen den Tabellenvize SU Neckarsulm setzten sich die nach wie vor erstplatzierten Stuttgarterinnen mit 6:3 in der heimischen Sporthalle Nord durch.

„Tischtennis ist für uns kein Hobby mehr, sondern Leistungssport“, sagt Fatme El Haj Ibrahim, die ihre beiden Einzel-Partien mit 3:0 respektive 3:2 gewann. Drei bis fünfmal trainieren sie und Mahmoud El Haj Ibrahim pro Woche, für jeweils zwei bis drei Stunden. Während sie in die neunte Klasse der Realschule geht und das Abitur anpeilt, macht ihr Bruder eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker – in der Autowerkstatt seines Vaters Talal. „Weil mein Vater mein Chef ist, kann ich flexibler mal mehr und mal weniger arbeiten“, erklärt Mahmoud El Haj Ibrahim, „dadurch kann ich mehr trainieren.“ Es ist offensichtlich: Der Fokus liegt auf dem Tischtennis, bestätigt er. Der väterliche Betrieb spielte dabei schon zu Zeiten der Corona-Pandemie eine wichtige Rolle. Als die meisten Sportvereine den Trainingsbetrieb einstellten, wurde die Werkstatt kurzerhand zur Trainingsstätte umfunktioniert. Auf einer vom Verein abgekauften Tischtennisplatte spielten die El Haj Ibrahims zwischen reparaturbedürftigen Autos und Schrauber-Utensilien, regelmäßig stattete ihnen ihr damaliger Trainer einen Besuch ab.

Die sportliche Karriere der beiden Geschwister begann einst beim VfL Herrenberg, beide waren seinerzeit acht Jahre alt. Schon nach wenigen Jahren überflügelten sie den eigenen Vater, im direkten Geschwisterduell hat meist Mahmoud die Nase vorne – „auch wenn sie es mir echt nicht leicht macht“, sagt dieser grinsend über seine kleine Schwester. Zwischenzeitlich trennten sich die Wege, beim Sportbund Stuttgart sind Fatme und Mahmoud El Haj Ibrahim aber wiedervereint. Während letzterer in der Oberliga antritt, kämpft sie in der 3. Bundesliga um die Meisterschaft. Als Tabellenführer befindet sich ihr Team auf direktem Aufstiegskurs. Aktuell stellt sich bei der Frauenabteilung des Sportbunds Stuttgart aber die Frage, ob ein möglicher Wechsel in die 2. Bundesliga überhaupt Sinn macht. Elisa Nguyen – bislang an zweiter Position im Quartett gesetzt – wird sich im Sommer dem Bundesligisten TTC 1946 Weinheim anschließen. Ob die Qualität ohne den Nachwuchsstar für die zweite Liga genügt? „Wir bräuchten eine neue Spielerin, aber ich glaube, wir haben das Zeug dazu“, bleibt Fatme El Haj Ibrahim optimistisch. Eines Tages in jener höheren Liga zu spielen, darauf hofft sie ohnehin, träumt aber auch von dem Sprung nach ganz oben, in die 1. Bundesliga. Mahmoud El Haj Ibrahim nimmt derweil die dritte Liga ins Visier, will aber auch die zweithöchste Etage im deutschen Tischtennis nicht ausschließen.

Thomas Walter, Trainer der zwei, drückt ein wenig auf die Euphoriebremse, weiß, dass den beiden noch ein weiter Weg bevorsteht. Er stellt aber auch klar: „Sie haben das Zeug dazu, in höheren Ligen zu spielen.“ Die Stärken seiner beiden Schützlinge beschreibt er so: „Fatme ist sehr, sehr stark im Rückhandspiel und allgemein im passiven Bereich. Mudi ist unheimlich schnell und beweglich und kämpferisch stark.“ Zählen können die beiden auf die tatkräftige Unterstützung aus dem engsten Kreis. „Die Ibrahims sind wie eine Familie innerhalb der Vereinsfamilie. Sie sind wahnsinnig engagiert und leidenschaftlich dabei.“ Mutter Anja El Haj Ibrahim greift als Einzige nicht regelmäßig zum Tischtennisschläger, steht ihren Kindern aber seit jeher zur Seite. „Uns war wichtig, dass sie nicht fünf Sachen auf einmal machen, sondern sich auf einen Sport konzentrieren“, sagt sie und fügt gut gelaunt an: „Und das hat ja ganz gut geklappt.“

Am Sonntag musste sich Tochter Fatme nur im Doppel den Gästen aus Neckarsulm geschlagen geben. An der Seite von Rhea Zhu Chen verlor sie 0:3 in Sätzen. Das Top-Duo des Sportbunds, Alexandra Schankula und Elisa Nguyen, konnte dagegen ihre Partie mit 3:2 gewinnen. Stand es nach sechs Duellen in der Gesamtwertung noch 3:3-Unentschieden, besiegelten Schankula, Nguyen und El Haj Ibrahim mit drei Einzel-Siegen den Heim-Triumph und festigten die Liga-Spitzenposition des Sportbunds Stuttgart.